Mein Einbürgerungverfahren in Basel - Teil 4: «Einbürgerungskurs»

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Dieser Artikel ist Teil einer Artikelreihe:
  1. Intro
  2. Vorbereitung und Gesuchsstellung
  3. Telefonisches Erhebungsgespräch
  4. «Einbürgerungskurs»
  5. Das Einbürgerungsgespräch
  6. Abschluss des Verfahrens
  7. Fazit

Achtung: Die Informationen in diesem Artikel beziehen sich auf das Verfahren im Kanton Basel-Stadt, die Verfahren in anderen Kantonen weichen z.T. stark ab.

Im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens muss man einen «Einbürgerungstest» absolvieren, in dem Kenntnisse über die politischen, historischen und geografischen Gegebenheiten der Schweiz geprüft werden. Wie ich bereits in Teil 1 erwähnt hatte, wird dieser Test in Basel nicht wie in manchen anderen Kantonen schriftlich durchgeführt, sondern findet mündlich im Rahmen des Einbürgerungsgesprächs bei der Bürgergemeinde statt.

Zur Vorbereitung auf diesen Test bietet die Bürgergemeinde einen optionalen Kurs an. Genau genommen sind es sogar zwei verschiedene Kurse: Zum Einen gibt es den Kurs «Fit für Basel», der aus 5 Lektionen à 1h45 besteht, inklusive einem Stadtrundgang. Zum anderen gibt es den «Kompaktkurs Einbürgerung», der aus nur 3 Lektionen besteht. Die Kurse werden je in zwei verschiedenen Varianten angeboten: Vor Ort im Stadthaus, oder online via Zoom. Ich hatte mich dazu entschieden, den Kompaktkurs via Zoom zu buchen.

Sandstein-Frontfassade eines mehrstöckigen Gebäudes.  Über der hölzernen Eingangstüre steht "Stadthaus"
Abbildung 1: Das Basler Stadthaus, Sitz der Bürgergemeinde Basel. Quelle: Bürgergemeinde der Stadt Basel, CC-BY-SA-4.0.

Erste Lektion: Die Schweiz

Im ersten Kurstermin ging es um die Schweiz als Bundesstaat und diverser Kennzahlen auf Bundesebene. Es wurde gleich vom Anfang an, und auch während dem Kurs immer wieder, darauf hingewiesen, dass der Kurs ein gutes Stück mehr ins Detail ginge, als wir für das Einbürgerungsgespräch wissen müssten. Alles, was für die Einbürgerung relevant sei, erhielten wir jeweils im Anhang der Zoom-Einladungen.

Die relevanten Fakten dieser Lektion waren:

  • Bevölkerungszahl und Fläche der Schweiz
  • Nennung aller Landessprachen und Nachbarländer
  • Nennung von 4 Flüssen und 4 Seen
  • Die drei Gewalten und deren wichtigsten Organe auf Bundesebene
    • National- und Ständerat inkl. Anzahl Mitglieder
    • Nennung aller Bundesräte und welchen Departementen diese vorstehen
    • Nennung der Bundesgerichte und deren Standorte
    • Wer diese Organe wählt

Aus meiner Sicht ist das erforderliche Wissen auf Bundesebene damit recht überschaubar, allerdings bin ich auch in der Schweiz (wenn auch in einem anderen Kanton) zur Schule gegangen, und habe auch vor meiner Auswanderung in de Schweiz in einem demokratischen Staat mit Gewaltenteilung gelebt, daher waren diese Konzepte nicht wirklich neu für mich.

Ich hatte von dem Kurs monotone, vorlesungsartige Lektionen erwartet. Tatsächlich war der Kurs aber eine recht kleine Runde (ca. 15 Personen) und recht locker und vor allem interaktiv gestaltet. Neben den häufigen Fragen in die Runde, ob das schon jemand beantworten könne, warf der Kursleiter auch immer wieder ein paar humorvolle Kommentare mit ein. So kommentierte er z.B. das Bundesratsfoto mit «Das ist nicht etwa eine missglückte Photoshop-Arbeit von mir, das ist das offizielle Bundesratsfoto».

Besonders beeindruckt hat mich, das bei den Slides zu Bevölkerungswachstum und Migration die Hintergründe zu den Schwankungen erläutert wurden, z.B. warum die Bevölkerungszahl seit 1900 während zwei Phasen abgenommen hatte (einmal die Spanische Grippe, einmal eine Wirtschaftsrezession, während der Gastarbeiter nicht länger beschäftigt wurden und in ihre Heimat zurückkehrten).

Auch wurde z.B. beim Vergleich des Ausländeranteils der Schweizer Bevölkerung mit anderen Ländern darauf hingewiesen, dass diese Vergleiche mit Vorsicht zu geniessen seien, und dass es eher sinnvoll wäre, die Migrationsströme zu vergleichen, da sich die Rechtslage zum Erhalt der jeweiligen Staatsbürgerschaften zwischen den Ländern teils stark unterscheide und manche Ländern z.B. im Inland geborenen Kindern ausländischer Eltern bei der Geburt automatisch die jeweilige Staatsbürgerschaft verleihen.

Auch historische Ereignisse wurden entsprechend eingeordnet. So wurde z.B. erklärt, dass das Zweikammernsystem aus National- und Ständerat eine Kompromisslösung ist, die als Konsequenz des Sonderbundskrieges von 1847 entstanden ist, und von den damals noch jungen Vereinigten Staaten von Amerika abgekupfert wurde. Neben solchen hinstorischen Einordnungen gab es allerdings auch Fakten, die ich persönlich eher in die Kategorie «unnützes Wissen» einordnen würde. So z.B., dass es seit 1848 (Grundüngs des Schweizer Bundesstaates) genau ein einziges Bundesgerichtsurteil gab, welches auf rätoromanisch verfasst wurde.

Zweite Lektion: Der Kanton Basel-Stadt

Der zweite Kurstermin startete gleich schon mit 35 Minuten Verspätung - die Bürgergemeinde hatte einen falschen Zoom-Link an die Teilnehmenden geschickt, und dann alle Teilnehmenden angerufen, um die richtigen Zugangsdaten telefonisch mitzuteilen. Zwar war die Zoom-Einladung an sich fehlerhaft, aber auch dieses Mal waren wieder Dokumente mit allen Information, die wir für das Einbürgerungsgespräch wissen sollten, angehängt:

  • Anzahl Kantone in der Schweiz
  • Bevölkerungszahl und Fläche des Kantons Basel-Stadt
  • Die drei Gemeinden in Basel-Stadt, Nachbargemeinden und -länder
  • Flüsse in Basel-Stadt, höchstgelegener Punkt im Kanton
  • Die drei Gewalten und ihre wichtigsten Organe im Kanton Basel-Stadt:
    • Grosser Rat und Anzahl Mitglieder
    • Regierungsrat inkl. Nennung aller Mitglieder und deren Departemente
    • Alle Basler Abgeordneten im National- (5) und Ständerat (1)
    • Die kantonalen Gerichte und ihre Standorte
  • Historische Daten:
    • 1291: Gründung der Eidgenossenschaft
    • 1501: Beitritt Basels zur Eidgenossenschaft
    • 1833: Trennung in Basel-Stadt und Basel-Landschaft
    • 1971: Einführung des Frauenwahl- und stimmrechts auf Bundesebene

Auch dieses Mal wurde wieder deutlich mehr ins Detail und in die Geschichte gegangen, als wir für das Einbürgerungsgespräch wissen müssen. So sind wir z.B. die Geschichte der alten Eidgenossenschaft mit u.a. den Beitrittsdaten der "wichtigsten" Kantone durchgegangen. Auch sind wir auf einer unbeschrifteten Schweiz-Karte alle 26 Kantone mitsamt Hauptorten durchgegangen, was doch einige Zeit gedauert hatte.

Neben einer doch sehr fakten- und zahlenlastigen Lektion gab es doch noch einige historische Anekdoten zu hören. So zum Beispiel die Geschichte der Justitia-Statue auf dem Basler Rathaus. Diese war nämlich ursprünglich eine Marienstatue, die im Rahmen der Reformation aus dem Basler Münster entfernt worden war. Als der Entscheid gefällt wurde, eine Justitia-Statue aufzustellen, wurde kurzerhand einfach diese Marienstatue genommen, und Jesuskind und Zepter durch Schwert und Waage ersetzt. Daher trägt die «Basler Justita» auch eine Krone statt Augenbinde, und ist in rot und blau gewandet. (Nein, die Farben stehen nicht wie sonst in Basel für den FCB!)

Dritte Lektion: Die Stadt Basel

Im dritten Kurstermin ging es primär um die Stadt Basel. Der Kurs begann mit einer Erklärung, dass die politischen Organisationsstrukturen in Basel ein Ausnahmefall seien: Denn Basel verfügt nicht über eine eigenständige Stadtregierung. So gibt es keine Einwohnergemeindeversammlung, und keine Bürgermeister*innen. Diese Rollen werden von den kantonalen Gremien wahrgenommen, also vom Grossen Rat und dem Regierungsrat. Die anderen beiden Gemeinden im Kanton Basel-Stadt haben jedoch diese Organe. Andersherum ist jedoch die Bürgergemeinde der Stadt Basel eine der wenigen Bürgergemeinden mit einem Parlament auf Gemeindeebene.

Neben dieser «Kuriosität» gab es auch dieses Mal wieder eine lange Liste an Informationen, die wir für das Einbürgerungsgespräch wissen sollten, darunter:

  • Die Bürgergemeinde Basel
    • Tagungsort und Grösse des Bürgergemeinderats (Legislative)
    • Grösse des Bürgerrats (Exekutive), aber ohne die Mitglieder nennen zu können
    • Aufgaben der Bürgergemeinde
  • Brauchtum
    • Kenntnis von Basler Bräuchen (Vogel Gryff, Fasnacht)
    • Nennung einiger Zünfte und der drei Ehrengesellschaften
  • Geschichte der Stadt Basel
    • Besiedelung durch Kelten und Römer
    • Das Basler Erdbeben 1356
    • Gründung der Universität und Erlangung des Messerechts
    • Bau der Mittleren Rheinbrücke
  • Wirtschaft in Basel (Pharma, Messen, Tourismus)
  • Kenntnis der politischen Rechte (Initiativen und Referenden)

Diese Informationen sind wir - wie auch in den vorigen beiden Kursterminen - ziemlich detailliert durchgegangen, mitsamt historischen Anekdoten und Einordnung in das heutige Stadtbild.

Alles in allem kann ich sagen, dass der Kurs sich mehr als gelohnt hat. Nicht nur wurde uns mitgeteilt, welche Informationen wir für das Einbürgerungsgespräch wissen müssen, sondern es wurden auch sehr interessante Einblicke in die Geschichte der Schweiz und von Basel gegeben, die für mich zumindest teilweise neu waren. Allerdings frage ich mich, da ich ja den «Kompaktkurs» besucht hatte, wieviel mehr ins Detail wohl der «grosse» Kurs mit 5 Lektionen gegangen wäre.

Das Warten Geht Weiter

Im letzten Beitrag hatte ich schon angekündigt, dass wieder Warten angesagt sei. Der Kurs war nur ein kleiner Unterbruch dieser mehrmonatigen Frist, bis die Bürgergemeinde mich zum Einbürgerungsgespräch einlädt.